Tim's Weblog
Tim Strehle’s links and thoughts on Web apps, software development and Digital Asset Management, since 2002.
2013-09-12

Journalismus: Themenzentriertes Arbeiten, vernetzte Beiträge und hilfreiche Software

Ich habe ein grobes Konzept aus dem letzten Jahr in einer “Schublade” gefunden… Vielleicht ist ja für jemanden eine interessante Idee dabei. Es geht um themenzentrierte Veröffentlichung, das Vernetzen von Beiträgen und ein dafür geeignetes Tool für Redakteure. (Siehe auch mein Blog Post Software für Journalismus – zwei Ideen vor dem scoopcamp 2013.)

These 1: Verwandte Inhalte (“mehr zum Thema”, “das könnte Sie auch interessieren”) und die dafür notwendigen Metadaten werden immer wichtiger, weil…

These 2: … sich für Mediennutzer der Fokus von einzelnen Artikeln auf Themenseiten verschiebt: Eine Seite, die immer das Aktuellste zum Thema zeigt (das macht eine Facebook- oder Twitter-Profilseite ja auch), und darunter die Chronologie (also alle interessanten älteren Artikel zum Thema, inkl. Archiv). (Zum “river of news”-Trend s. auch Nachrichten sind Flüsse, kein Seen von Felix Schwenzel und Stop Publishing Web Pages von Anil Dash.) Themenseiten gibt es heute schon, z.B. bei SPIEGEL ONLINE, allerdings oft etwas lieblos gemacht und nur für wenige Themen.

These 3: Was andere Medien zum Thema beitragen, kann man nicht mehr ausblenden. Zu einer guten Themenseite gehören Links auf das, was die anderen schreiben (“people come back to places that send them away”).

These 4: Zu dem, “was die anderen schreiben”, gehört auch “social media”. Es geht nicht darum, Kommentare zu einem Artikel auf der eigenen Seite zu bekommen, sondern die im offenen Web geführte Diskussion mit anzuzeigen und zu integrieren. Bevorzugt geht es dabei um die eigenen Nutzer/Leser (die sollte man kennen, z.B. die, die Artikel kommentiert haben).

These 5: “social media” wird sich diversifizieren: Facebook und Twitter werden Konkurrenz bekommen, auch von Protokollen, mit denen jeder auf seiner eigenen Website schreiben und sich trotzdem mit anderen verlinken kann (IndieWeb). Aber es wird deshalb auch einfacher, herauszufinden, worüber jemand schreibt (eindeutige URLs statt manchmal mehrdeutiger Hashtags).

These 6: Ein lokales Medium muss nicht über alles selbst schreiben, sollte aber jedem Thema eine Plattform bieten können. Schreiben die eigenen Nutzer auf Blogs und “social media” verstärkt über ein noch neues Thema, kann das Medium einfach als Aggregator und Kurator eine zentrale Seite dazu bieten und ggf. sogar die Betreuung der Seite Nutzern überlassen. (Z.B. können Verkehrsinfos aus Staumeldungen und Tweets wie “Stau auf der A1” zusammengestellt werden zu einer Seite, die besonders für Pendler nützlich ist.)

These 7: Automatisierte Kategorisierung und Verschlagwortung wird als Werkzeug benötigt, reicht von der Qualität aber nicht aus. Menschen müssen die Automatik konfigurieren, übersteuern und trainieren können.

Wie würde ein Tool für Redakteure aussehen, das vernetzte, themenzentrierte Veröffentlichung unterstützt?

1. Eine elegante, schnelle, automatisch aktualisierte Themenübersicht: Worüber berichten wir heute (schon veröffentlicht oder noch in Planung/in Arbeit)? Welche weiteren, momentan nicht abgedeckten Themen finden gerade in anderen Medien und in “social media” statt? Was passiert dort sonst, das wir nicht so einfach in ein Themencluster pressen können?

2. Alle Inhalte zu einem Thema werden zusammen angezeigt: eigener Content (aktuell veröffentlicht, bzw. gerade in Arbeit), fremder (andere Medien, “social media”) sowie Archivinhalte. Das betrifft alle Content-Typen (Text, Bilder, Videos). Die Liste darf nicht zu lang werden: Es gibt einen cleveren Algorithmus, der nur die wichtigsten Dinge anzeigt (z.B. das Neueste und das Umfangreichste, oder die vertrauenswürdigste Quelle). Ein Klick auf “Mehr…” zeigt dann die ganze Liste. Mit einem Klick kann man jedes Element auf der Themenseite veröffentlichen oder verlinken.

3. Diese kombinierte Übersicht zu einem Thema kann auch der Redakteur sehen, während er für das Thema schreibt.

4. Direkt aus dieser Liste kann man mit “social media”-Kommentatoren in Kontakt treten: Nachfragen stellen, um Veröffentlichungserlaubnis bitten usw.

5. Die Themenerkennung wird nicht immer funktionieren. Mit einem Klick muss man etwas aus einem Thema entfernen können, wenn’s nicht zum Thema gehört. Und die Parameter für ein Thema (Signalwörter, Quellen, verbotene Wörter usw.) muss man simpel anpassen können und die Auswirkungen sofort live sehen: z.B. einen falschen Begriff ausschließen und sehen, wie die Liste aufgeräumt wird. Oder eine Themendefinition verallgemeinern und sehen, wie zwei vorher getrennte Themenblöcke zu einem kombiniert werden.